Moralische Urteile über Unternehmen werden in der modernen Wirtschaft immer schwieriger. Gerade angesichts der engen Verstrickungen der Unternehmen auf den Kapitalmärkten und bei ihren wirtschaftlichen Aktivitäten ergibt sich oft ein sehr heterogenes Bild, das sich nicht einfach mit den Kategorien „schwarz“ oder „weiß“ beschreiben lässt. Speziell Großkonzerne haben ganz unterschiedliche Geschäftssparten, deren Nachhaltigkeit nur in verschiedenen Graustufen bewertet werden kann. Aus diesem Grund nutzen wir in einigen Ausschlusskriterien-Bereichen den Schwellenwert von wenigen Prozent des Unternehmensumsatzes. Dies machen wir dort, wo ein belegbarer Null-Prozentumsatz aufgrund der Datenlage nicht gesichert erhoben werden kann oder ein Transformationsprozess des Unternehmens zu mehr Nachhaltigkeit unterstützt werden soll. Wir wollen Unternehmen nicht für ihre gesamte Geschäftstätigkeit abstrafen, wenn sie nur in äußerst geringem Maße Geschäftsfeldern nachgehen, die wir unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ethisch ablehnen. Die Nachhaltigkeitswirkung dieses Schwellenwertes ist innerhalb unseres Abwägungsprozesses vertretbar, da Unternehmen mit einem so geringen Unternehmensumsatz in einem kontroversen Geschäftsfeld, aus globaler Perspektive ausschließlich marginal zum Erhalt dieser Geschäftssparte beitragen. Darüber hinaus üben wir dann bei den betreffenden Unternehmen unsere Einflussmöglichkeiten als Nachhaltigkeitsinvestor aus, indem wir versuchen, die Unternehmen im Rahmen unserer Engagement-Aktivitäten dahingehend zu motivieren, ihr als ethisch-kontrovers betrachtetes Geschäftsfeld umzustellen.
Ein Beispiel verdeutlicht unsere Argumentation: Momentan haben wir bei unserem Ausschlusskriterium „Produktion von Rüstungsgütern“ eine Toleranzgrenze von 5 Prozent des Unternehmensumsatzes. Eine Absenkung dieses Schwellenwertes auf null Prozent würde zum Beispiel auch Firmen wie Siemens (Umsatzanteil aus Rüstungsgüterproduktion 0,1 Prozent per 06/2020) ausschließen. Vereinfacht gesagt würde eine Null-Prozentgrenze die meisten technologisch orientierten Industrieunternehmen betreffen und damit faktisch weite Teile des aktuell möglichen Anlageuniversums ausschließen. Diese Umsetzung ginge deutlich zu Lasten der Diversifikationsmöglichkeiten und damit der Risikostreuung in den Anlageportfolien, ohne dass damit eine spürbare Reduktion des tatsächlichen Rüstungsgüteranteils einherginge.