Zum Auftakt einer von der Bank für Kirche und Caritas gestarteten Engagement-Aktivität zum Thema Gold bildete eine Engagement-Dialogreise von Dr. Richard Böger, Vorstandsvorsitzender der BKC, und Tommy Piemonte, Leiter Nachhaltigkeitsresearch, nach Brasilien. Die Bank fokussiert sich bei diesem Engagement neben dem illegalen Goldbergbau in Brasilien ebenso auf eine verstärkte Sorgfaltsprüfung und Rückverfolgbarkeit bei Gold über Brasilien hinaus. In dem hier veröffentlichten Auftaktbericht und der aufgeführten Beitragsreihe zur Engagement-Dialogreise erhalten Sie Einblicke über die intensiven Gespräche mit hochrangigen brasilianischen Entscheidungsträgern und verschiedenen Stakeholdern. Dabei erfahren Sie aus erster Hand mehr über die geführten Engagement-Dialoge, die Herausforderungen, die sich aus dem Goldbergbau vor Ort ergeben, die von der BKC aufgestellten Engagement-Forderungen und Möglichkeiten als Finanzinstitut den Goldabbau und -handel weltweit nachhaltiger zu gestalten.
Engagement-Dialogreise Brasilien
Dr. Richard Böger und Tommy Piemonte zu Engagement-Dialogen in Brasilien
Zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes und der indigenen Bevölkerung
In dem hier veröffentlichten Auftaktbericht erhalten Sie Informationen über die geführten Engagement-Dialoge vor Ort in Brasilien, die Herausforderungen, die sich aus dem Goldbergbau ergeben, die von der BKC aufgestellten Engagement-Forderungen und Möglichkeiten als Finanzinstitut den Goldabbau und -handel weltweit nachhaltiger zu gestalten.
Bergbau ist eine der Hauptursachen für die weltweite Entwaldung. Hierbei wiederum gilt der Goldbergbau als Haupttreiber der durch den Bergbau verursachten Entwaldung. So sind beispielsweise 36 % aller direkten bergbaubedingten Entwaldungen auf den industriellen Goldbergbau sowie den Kleingoldbergbau zurückzuführen. Der Goldbergbau führt also zu massiven Eingriffen in die Naturlandschaft. Die folgenden Zahlen verdeutlichen das Ausmaß dieses Umwelteingriffs: Um eine Tonne Gold zu gewinnen, fallen durchschnittlich 100.000 Tonnen Abraum an. Um zehn Gramm Gold zu gewinnen, muss im Durchschnitt eine Tonne Boden bewegt und verarbeitet werden. Ferner führt die Gewinnung von einem Kilogramm Gold zu einer Emission von etwa 12,5 Tonnen CO2-Äquivalenten.
Für unsere aktuelle Engagement-Strategie haben wir drei Akteursgruppen identifiziert, die wir als zentral für die Erreichung unserer Engagement-Ziele in der Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus in Brasilien sowie einer verstärkten Sorgfaltsprüfung und Rückverfolgbarkeit bei Gold im Allgemeinen erachten. Neben wichtigen Entscheidungsträgern in Brasilien sowie brasilianischen und internationalen Finanzinstituten nimmt auch die London Bullion Market Association (LBMA) eine Schlüsselrolle in unserer Engagement-Strategie ein.
Die LBMA ist die wichtigste standardsetzende Organisation für den globalen Großhandelsmarkt mit Edelmetallen. Beim LBMA-Standard müssen alle Goldraffinerien, die auf der sogenannten „LBMA Good Delivery List“ geführt werden wollen, die LBMA-Richtlinien für verantwortungsvolle Beschaffung umsetzen. Diese Vorgaben des „LBMA Responsible Sourcing Programme“ soll sicherstellen, dass Goldraffinerien über ein Risikomanagementsystem zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Menschenrechtsverletzungen, Verstößen gegen Umweltstandards und anderen ESG-Themen im Zusammenhang mit dem von ihnen bezogenen Gold verfügen. Es wird jedoch nicht verlangt, dass die Herkunft des Goldes oder die von den Goldraffinerien angewandten detaillierten Prüfverfahren und -ergebnisse offengelegt werden müssen. Dies macht es schwierig, die Wirksamkeit dieses Standards zu beurteilen. Darüber hinaus gibt es regelmäßig begründete Verdachtsmomente, dass die Raffinerien der LBMA Good Delivery List Gold aus Quellen bezogen haben, die gegen Menschen- und Umweltrechte verstoßen oder Gold illegal abgebaut haben. So wird beispielsweise verschiedenen Medienberichten zufolge das italienische Goldraffinerieunternehmen Chimet S.p.A., das seinerzeit auf der LBMA Good Delivery List stand, von der brasilianischen Bundespolizei verdächtigt, illegal geschürftes Gold im Wert von mehreren Millionen US-Dollar aus dem Kayapó-Indigenengebiet gekauft zu haben.
Die im LBMA-Standard unzureichende Vorgabe und Veröffentlichung der Rückverfolgbarkeit bis zur Goldmine, stellt auch das Konzept des Recyclinggolds in Frage. Hintergrund dabei ist, dass einige Länder, die Gold zu LBMA-zertifizierten Raffinerien im Ausland exportieren, keine Goldproduzenten sind, sondern als Zwischenhändler mit eigenen Raffineriekapazitäten, wie die Vereinigten Arabischen Emirate, fungieren. Gold, das dabei in diesen Ländern raffiniert wird und dann in LBMA-zertifizierten Raffinerien im Ausland eintrifft, kann als bereits einmal raffiniertes Gold deklariert werden, ohne dass mehr eine Verbindung zu seiner ursprünglichen Goldminenherkunft besteht. Die mangelnde Transparenz dieses vielschichtigen Handelssystems kann ausgenutzt werden, um die wahre Herkunft des Goldes zu verschleiern, was wiederum mit schwerwiegenden Umwelt- und Menschenrechtskontroversen verbunden sein kann.
Deshalb gehören folgende Punkte zu unseren Engagement-Forderungen, die das LBMA Responsible Sourcing Programme robuster machen und die Transparenz bei Recyclinggold erhöhen sollen:
- Kurzfristig - Die LBMA muss Zugang zur Identität der Lieferanten ihrer Good Delivery List-Raffinerien haben und diese in aggregierter Form in ihrem jährlichen Responsible Sourcing Report veröffentlichen. Mittelfristig - Verpflichtung der Raffinerien, die Namen der Minen zu veröffentlichen, von denen sie Gold beziehen.
- LBMA-zertifizierte Raffinerien müssen verpflichtet werden, einen detaillierteren Compliance-Bericht zu veröffentlichen, der ausführliche Audit-Ergebnisse enthält. Dieser muss Einzelheiten über die Art der Nichtkonformität, empfohlene Abhilfemaßnahmen und die Art und Weise, wie die Nichtkonformitäten behoben wurden, enthalten. Darüber hinaus müssen die vom Prüfer durchgeführten Inspektionen im Auditbericht detailliert erläutert werden.
- Die LBMA ist verantwortlich für die Überwachung, dass die LBMA-zertifizierten Raffinerien alle Anforderungen der „OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas“ einhalten und umsetzen. Insbesondere wenn Beschwerden eingehen, sollte die LBMA umfassend über den detaillierten Überprüfungsprozess und die Ergebnisse jeglicher Vorfallüberprüfungen oder spezieller Audits berichten.
- Die LBMA-zertifizierte Goldraffinerie sollte einen Wechsel des Auditors nach maximal drei aufeinanderfolgenden Jahren vornehmen. Darüber hinaus sollte die LBMA die Auswahl des Auditorstreffen.
- Investitionen in Initiativen zur Förderung eines verantwortungsvollen Goldbergbaus und technische Lösungen für die Rückverfolgbarkeit von Gold.
- LBMA-zertifizierte Raffinerien müssen auch bei bereits raffiniertem Gold überprüfen, aus welchen Minen das von ihnen weiter raffinierte Gold stammt.
- Parallel dazu müssen LBMA-zertifizierte Raffinerien verpflichtet werden, eine Liste der Goldabbauländer zu veröffentlichen und der LBMA alle Lieferanten und deren Kontrahenten in der Lieferkette offenlegen.
Am Nachmittag des fünften Tages unserer Engagement-Dialogreise haben wir uns mit insgesamt drei Anwohnergruppen, die direkt angrenzend zur größten Goldtagebaumine in Brasilien in der Stadt Paracatu wohnen, sowie der dort ansässigen Universität Instituto Federal do Triângulo Mineiro (IFTM) getroffen. Auch bei diesen Gesprächen, die sich an die Dialoge am Vormittag mit dem Bürgermeister und dem Bischof von Paracatu anschließen, steht bei uns im Vordergrund von Organisationen und Personen vor Ort zu erfahren, welche Herausforderungen und Sichtweisen im Hinblick auf den Goldbergbau bestehen. In diesem Zuge bekommen wir von unseren Gesprächspartnern einhellig geschildert, dass sie sich von dem Minenbetreiber und den staatlichen Autoritäten uninformiert fühlen, was die gesundheitlichen und Umweltrisiken anbetrifft, die ihrer Meinung mit dem Minenbetrieb einhergehen. Sie würden beispielsweise Veränderungen der Wasserqualität (Farbe und Geruch) beobachten und befürchten zusätzlich, dass die vermeintliche Verwendung des Grundwassers für den Minenbetrieb weitere Auswirkungen auf Menschen und Natur haben könnte. Daneben wird uns berichtet, dass die direkt an der bewohnten Stadtgrenze entlang gezogene gigantische Mauer zur Mine, die laut Minenbetreiber als akustische Barriere gegen die an Werktagen täglich vorgenommen Sprengungen gebaut wurde, im Hinblick auf die Staubbelastung keinen Schutz bietet. Obwohl alle unsere Gesprächspartner die wirtschaftliche Bedeutung der Mine für die Stadt anerkennen, so fühlen sie sich nicht, für die vermeintlich durch die Sprengungen verursachten Schäden an ihren Häusern und sonstigen ausgesetzten gesundheitlichen Risiken finanziell entschädigt.
Am Ende unserer einwöchigen Engagement-Dialogreise können wir mit den abschließend in Paracatu gesammelten Eindrücken ein breites Spektrum an Perspektiven über den Goldbergbau vor Ort überschauen. Insgesamt haben wir uns durch die zahlreichen Engagement-Dialoge und -Gespräche in dieser Woche eine differenzierte und breite Wissensbasis aneignen können, mit der wir unsere Engagement-Forderungen zielgenau fertigstellen können. Zudem werden wir die bereits geschaffenen Dialogzugänge für das nun startende Engagement weiter aktiv nutzen.
Unabhängig vom Standort ist der Goldbergbau mit zahlreichen ökologischen und sozialen Nebenwirkungen verbunden. Mit diesen ökologischen und sozialen Herausforderungen sollten sich unserer Meinung nach auch Finanzinstitute und Investmentfonds beschäftigen. Denn Finanzinstitute haben mehrere direkte und indirekte Berührungspunkte mit dem Goldsektor. Dabei würde eine Verwicklung eines Finanzinstituts beispielsweise in den illegalen Goldabbau sicherlich nicht nur das Risiko eines Reputationsschadens, sondern auch rechtliche Risiken mit sich bringen. Diese rechtlichen Risiken ergeben sich insbesondere aus der Nachhaltigkeitsgesetzgebung zur unternehmerischen Sorgfaltsprüfung, die in mehreren Ländern bereits in Kraft ist oder diskutiert wird.
Einerseits bieten Finanzinstitute Kredite und andere Bankdienstleistungen beispielsweise für Bergbauunternehmen, Kleinschürfer, Baumaschinenunternehmen und Zwischenhändler entlang der Goldlieferkette an. Andererseits treten Finanzinstitute selbst als Käufer von Gold auf, das sie zu Anlagezwecken in eigenem Namen oder im Auftrag ihrer Kunden erwerben. Auch Investmentfonds aller Art legen in Gold an. Im Jahr 2018 betrug der Anteil von raffiniertem Gold, das für Anlagezwecke bei Banken und Investmentfonds bestimmt war, 26,7 %. Dabei erfolgt die Anlage in Gold durch Banken und Investmentfonds allerdings nur in geringem Umfang in physischer Form, d. h. durch die Lieferung von physischem Gold. Vielmehr werden Anlageprodukte erworben, die mit physischem Gold unterlegt sind. Einige dieser Goldanlageprodukte weisen dabei aus, dass sie nur Gold kaufen oder enthalten, das dem „Good Delivery Standard“ der London Bullion Market Association (LBMA) entspricht. Hierbei muss das Gold von Goldraffinerien stammen, die auf der „LBMA Good Delivery List“ geführt werden und damit die LBMA-Richtlinien für verantwortungsvolle Beschaffung umsetzen.
Aufgrund dieser Zusammenhänge richten wir unter anderem folgende Engagement-Forderungen an brasilianische und internationale Finanzinstitute und Investmentfonds:
- Durchführung einer eingehenden Due-Diligence-Prüfung vor und während der Finanzierung von Goldproduzenten, um das Risiko einer Verwicklung in den illegalen Goldabbau zu vermeiden.
- Etablierung eines eigenen Engagement-Prozesses und die Gestaltung der Finanzierungsbedingungen, z. B. der Zinssätze, um Goldbergbauunternehmen dazu zu bewegen, die negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen des Goldabbaus weiter zu minimieren.
- Verknüpfung konkreter Kriterien für die Finanzierung von Unternehmen, die schwere Baumaschinen verkaufen, oder von Personen und Unternehmen, die sie kaufen. Ziel ist es zu verhindern, dass diese Maschinen für den illegalen Goldabbau verwendet werden.
- Eingehende Due-Diligence-Prüfungen sind vor dem Goldkauf (physisch oder über Anlagevehikel) durchzuführen, um Transparenz über die Herkunft des Goldes einzufordern.
- Start eines Engagement-Dialoges mit der LBMA, um sie dazu zu bewegen, ihr Auditierungsverfahren auf seine Effektivität bei der Aufdeckung von Fällen von illegalem Goldabbau in Brasilien und anderen sozial-ökologischen Kontroversen in anderen Ländern hin zu überprüfen.
- Bei der Anlage in und Konzeption von Goldanlageprodukten sollte auch Gold aus verantwortungsvollem Kleinbergbau einbezogen und mit entsprechenden Initiativen zusammengearbeitet werden.
Am fünften Tag unserer Engagement-Dialogreise haben wir uns in der Stadt Paracatu, die knapp 250 km südöstlich von der Hauptstadt Brasilia entfernt liegt, in einen weiteren Dialogmarathon begeben. Die Entscheidung für uns nach Paracatu zu fahren, begründet sich darin, dass dort die größte Goldtagebaumine Brasiliens und eine der größten der Welt betrieben wird. Die Goldmine liegt am nördlichen Rand der Stadt Paracatu, in der rund 90 000 Menschen leben. Bei unseren an diesem Tag insgesamt sechs Gesprächsterminen wurden wir zusätzlich von Mitarbeitenden der Caritas Paracatu begleitet. Gerade diese Verknüpfung zu Organisationen und Personen, die die Begebenheiten und Herausforderungen vor Ort kennen, ist für unser Engagement von großer Bedeutung.
Bei unserem ersten Engagement-Dialog an diesem Tag haben wir uns mit dem Bürgermeister von Paracatu Igor Santos und einigen seinen Mitarbeitern ausgetauscht. Hierin hat uns die Stadtverwaltung ihre ambivalente Haltung zum Goldbergbau erläutert. Einerseits sei die Stadt und ihre Einwohner von den Einnahmen, die sich aus dem Minenbetrieb des ausländischen Bergbaukonzerns ergeben, abhängig. Andererseits gingen laut den Schilderungen mit dem Goldbergbau auch massive Probleme einher, die die Gesundheit der Bewohner und Umweltverschmutzungsrisiken beträfen. So wurde uns beispielsweise berichtet, dass der, durch die an Werktagen täglich vorgenommenen Sprengungen in der Mine, aufgewirbelte Staub zu einer Häufung von Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung führe. Zudem sei nicht klar, ob der Staub mit gefährlichen Stoffen wie Arsen, die sich beim Goldabbau lösen, vermengt ist. Neben einer Vielzahl an weiteren mit dem Minenbetrieb aufgezählten sozialen- und Umweltproblemen, bestünde aber die größte Verunsicherung der Stadtverwaltung über die Sicherheit des Dammes des Rückhaltebeckens der Mine. Darin befänden sich in mehreren großen Seen zusammengefasst Substanzen wie Arsen, die für den Goldabbau nötig oder mit herausgelöst werden.
Auch bei unserem nachfolgenden Gespräch mit dem Bischof von Paracatu, Jorge Alves Bezerra, wurde uns aus katholischer Perspektive die Sorge um die Unversehrtheit der Natur und der Bevölkerung, die durch den Minenbetrieb gefährdet sei, geschildert. So komme es unter anderem durch die täglichen Sprengungen in der Goldmine zu Vibrationen im Erdreich, die die Häuser der Bevölkerung beschädigten. Ferner bestehen Befürchtungen, dass die Bevölkerung entschädigungslos auf den durch den Goldbergbau verursachten Umweltschäden bei Schließung der Mine sitzen bleibe.
Wenngleich die Schilderungen der verschiedenen Gesprächspartner für uns an dieser Stelle nicht nachprüfbar sind, so ist doch für uns festzuhalten, dass sie eine hohe Deckungsgleichheit untereinander haben und die bestehende Sorge der Bevölkerung über die ökologischen und sozialen Nebenwirkungen des Goldbergbaus widerspiegeln.
Neben der Abholzung der Wälder wird der Goldbergbau häufig für Umweltzerstörung, den Verlust der biologischen Vielfalt, Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen sowie soziale Probleme verantwortlich gemacht. Grund hierfür ist zum Beispiel, dass beim Goldabbau in der Regel hochgiftige Chemikalien wie Arsen, Quecksilber und Zyanid eingesetzt oder freigesetzt werden, die dann in den Boden, das Wasser und über die Nahrungskette in die ansässige Bevölkerung gelangen. Neben diesen direkten Auswirkungen des Goldabbaus führt auch der Bau der primären Infrastruktur in abgelegenen Regionen wie Zugangsstraßen, Häfen, Landebahnen und illegale Siedlungen zu weiteren Schädigungen der Ökosysteme. Dies wiederum bildet oft die Grundlage für zusätzliche negative Nebeneffekte wie Wilderei, illegalen Holzeinschlag und andere schädigende Aktivitäten. Obwohl diese indirekten Auswirkungen auf die Entwaldung schwer zu messen sind, gehen Experten davon aus, dass sie häufig die direkten Auswirkungen übersteigen.
Selbst wenn große Goldminenunternehmen nicht im illegalen Goldabbau im Amazonas-Regenwald tätig sind, können sie dennoch immense Auswirkungen auf indigene Gebiete haben. Denn der Goldabbau wird von industriellen Bergbauunternehmen legal auch auf indigenem Land und auf Land, das noch nicht als indigenes Land demarkiert ist, betrieben. So wurden laut NGO-Studien aus dem Jahr 2021 Bergbauanträge, von denen sich 70 % auf die Goldförderung beziehen, für ein Gebiet von rund 28 Millionen Hektar eingereicht, was einem Drittel des indigenen Territoriums entspricht. Allein auf dem Gebiet des indigenen Volkes der Yanomami lagen zu diesem Zeitpunkt 534 Bergbauanträge vor, die sich auf über 40 % ihres Territoriums bezogen.
Deshalb sind folgende drei Punkte unserer Engagement-Forderungen an den brasilianischen Bergbauverband (IBRAM - Instituto Brasileiro de Mineração) gerichtet:
- Goldbergbauunternehmen sollten noch stärkere Anstrengungen als bislang unternehmen, um die negativen sozial-ökologischen Nebenwirkungen des Goldabbaus zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem die Zertifizierung der Förderung und die Einhaltung internationaler Standards für verantwor-tungsvollen Bergbau und der Einsatz von Best-Practice-Technologien beim Goldabbau.
- Auch wenn es noch kein rechtsverbindliches System für die Rückverfolgbarkeit und das Monitoring von Gold gibt, sollten die in Brasilien tätigen Goldminenunternehmen ein solches nutzen. Damit können sie sich klar vom illegalen Goldabbau abgrenzen und dieses Unterscheidungsmerkmal sogar für Verkaufszwecke positiv nutzen.
- Um Reputations- und Rechtsrisiken zu vermeiden, sollten Bergbauaktivitäten nicht auf ausgewiese-nem indigenem Land oder noch nicht offiziell demarkiertem Land beantragt oder durchgeführt wer-den.
Am vierten Tag unserer Engagement-Dialogreise haben wir uns vormittags bei einer für uns organisierten Konferenz mit 15 katholischen Organisationen aus Brasilien zu unserer Engagement-Strategie besprochen. Der mehrstündige Austausch, der vom länderübergreifenden katholischen Netzwerk im Amazonasbecken Red Eclesial Panamazónica (Repam) organisiert wurde, brachte einen für alle Seiten großen Erkenntnisgewinn. Beispielsweise konnten wir aus erster Hand von Organisationen wie dem Conselho Indigenista Missionário (Cimi) oder der Caritas Brasil, die beide mit vom Goldbergbau betroffenen indigenen und traditionellen Gemeinden arbeiten, erfahren, welche Probleme vom illegalen, aber auch vom legalen Goldbergbau im Amazonas verursacht werden. Diese detaillierten Informationen, wie beispielsweise, dass der legale Goldabbau nahe von demarkierten indigenen Territorien oft erhebliche negative Auswirkungen auf die Lebensweise und die Gesundheit der indigenen Bevölkerung hat, werden von uns im Engagement genutzt werden. Gleichfalls ist für die teilnehmenden katholischen Organisationen und ihre Arbeit das Wissen um das BKC-Engagement sehr hilfreich. Es stärkt nicht nur die eigenen Positionen, sondern ermöglicht auch über unser Engagement die Betroffenenperspektive direkt bei Entscheidungsträgern zu platzieren. Die bei dieser Konferenz vorgenommene Vernetzung hat bereits und wird auch zukünftig weitere inhaltliche Austausche zu unseren Engagement-Aktivitäten ermöglichen.
Unser Treffen am Nachmittag desselben Tages mit dem Generalsekretär der brasilianischen Bischofskonferenz, Bischof Ricardo Hoepers, war eine weitere Bestätigung für unsere Engagement-Aktivität. Dabei ist es uns wichtig Engagement in Brasilien nicht isoliert, sondern in Kooperation und Abstimmung mit der katholischen Kirche und den Betroffenen vor Ort zu betreiben. Dass wir uns dabei gegenseitig durch unsere jeweiligen Aktivitäten verstärken und damit unser gemeinsames Anliegen mit mehr Schlagkraft auf unterschiedlichen Ebenen voranbringen können, ist ein wünschenswerter Effekt. Ebenfalls vom Generalsekretär erfuhren wir, dass der Goldbergbau zwar Einkommen generiert, allerdings genauso soziale und Umweltprobleme verursacht. Seiner Ansicht nach sollte vor allem der Schutz der indigenen und traditionellen Bevölkerung eine hohe Priorität haben, da sie den geringsten Nutzen vom Goldabbau haben. Nachdem wir unser Engagement-Anliegen diskutiert haben, hat uns Bischof Hoepers seine Unterstützung im weiteren Verlauf unserer Engagement-Aktivitäten zugesagt.
Den ökologischen und sozialen Herausforderungen des Goldbergbaus ist seine wirtschaftliche Bedeutung für die Menschen gegenüberzustellen, die in diesem Sektor und allen damit verbundenen Wirtschaftszweigen arbeiten. Gleichermaßen sind die damit verbundenen Staatseinnahmen in den Blick zu nehmen. Brasilien erwirtschaftet eine beträchtliche Wirtschaftsleistung mit dem Abbau von Metallen und Mineralien, die bis zu 4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen. Der Goldbergbau ist dabei für Brasilien von zentraler Bedeutung, da Gold nach Eisen, das am zweithäufigsten exportierte Mineral ist. Hinsichtlich der direkt vom Goldbergbau lebenden Menschen sind die folgenden Zahlen auf globaler Ebene interessant: Auf den handwerklichen Kleingoldbergbau entfallen 20 % der weltweiten Goldproduktion, aber 80 % der im Goldbergbausektor tätigen Arbeitskräfte. Während im industriellen Goldbergbau 80 % der globalen Goldproduktion, mit 20 % der im Goldbergbausektor tätigen Beschäftigten erzeugt werden.
Um in Brasilien sowohl der wirtschaftlichen Bedeutung für die im Kleingoldbergbau tätigen Menschen als auch den damit verbundenen ökologischen und sozialen Herausforderungen Rechnung zu tragen, muss er unserer Meinung nach im Bergbaugesetz entsprechend den gegenwärtigen Gegebenheiten definiert werden. Da der Einsatz industrieller Maschinen im brasilianischen Kleingoldbergbau, der Garimpagem genannt wird, seit langem Einzug gehalten hat, liegt aktuell eine fehlerhafte Definition und Abgrenzung zum industriellen Goldbergbau vor. Daher sollte die rechtliche Behandlung von Garimpagem an diese Umstände angepasst werden, da sonst aufgrund fehlender Regulierung Umwelt- und Arbeitsstandards sowie entsprechende Kontrollen unterlaufen werden. Diesen Sachverhalt verdeutlicht folgendes Beispiel: Um Garimpagem in Brasilien auszuüben, sind eine Umweltlizenz und eine Bergbaugenehmigung erforderlich. Derzeit ist es für die Erteilung einer solchen Bergbaugenehmigung allerdings nicht notwendig, die Goldmenge anzugeben, die aus einer bestimmten Parzelle gewonnen werden könnte. Dies erleichtert es, illegales Gold zu waschen. Mit Blick auf die für Garimpagem notwendige Erteilung einer Umweltlizenz wird von vorneherein definiert, dass Garimpagem eine Tätigkeit mit geringen bis mittleren Umweltauswirkungen ist. Dies hat zur Folge, dass für Garimpagem derzeit keine detailliertere Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP/Rima) verlangt wird, wie sie für andere Bergbauprojekte erforderlich ist.
Deshalb gehören folgende drei Punkte unter anderem an das brasilianische Ministerium für Bergbau und Energie (MME - Ministério de Minas e Energia) zu unseren Engagement-Forderungen:
- Kleinschürfer sollten fortan nicht mehr automatisch als handwerkliche Kleinschürfer eingestuft werden, d. h. als Personen, die einfache Werkzeuge benutzen.
- Es ist notwendig, Analysen und die Deklaration von Goldreserven, Wirtschaftspläne, strenge Umweltlizenzen und Arbeitsverträge zu verlangen sowie entsprechende Kontrollen durchzuführen.
- Die Zahl der an Einzelpersonen erteilten Genehmigungen zum Kleingoldbergbau sollte begrenzt werden, da heute eine einzige Person über unzählige Genehmigungen verfügen kann, die sich zu riesigen Abbaugebieten summieren können.
Ein weiteres Gespräch am dritten Tag unserer Engagement-Dialogreise haben wir mit dem stellvertretenden Staatssekretär des brasilianischen Ministeriums für Bergbau und Energie sowie mit Mitarbeitenden seines Stabes geführt. Es fand ein sehr intensiver und konstruktiver Dialog statt. Dabei fiel auf, dass unsere Gesprächspartner sich detailliert mit unserem bereits im Vorfeld übersandten Konzeptpapier der Engagement-Forderungen beschäftigt haben. Es konnte dadurch sofort in eine vertiefte Diskussion um einzelne Engagement-Forderungen eingestiegen werden. Wenngleich aufgrund der begrenzten Zeit nicht sämtliche unserer Anliegen besprochen werden konnten und naturgemäß an einigen Stellen unterschiedliche Perspektiven vorherrschten, haben wir insgesamt eine große Dialogbereitschaft festgestellt. So besteht beispielsweise Interesse, dass wir unseren Kontakt zu NGOs vermitteln, die im Bereich der finanziellen Incentivierung von nachhaltigerem gewonnenem Gold für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Kleinschürfern aktiv sind. Auch soll ein weiterer Fachaustausch beim sogenannten Fingerprinting von Gold, bei dem das Gold anhand seiner chemischen Zusammensetzung analysiert und so eindeutig dem Abbaugebiet zugeordnet werden kann, vorangebracht werden. Es wird von uns positiv gesehen, nun im weiteren Verlauf unseres Engagements einen direkten Dialogkanal ins Ministerium für Bergbau und Energie eröffnet zu haben.
Im vorgelagerten Gespräch mit der deutschen Botschaft haben wir insbesondere die deutsche Perspektive auf die Probleme des legalen und illegalen Goldbergbaus in Brasilien diskutiert. Dabei wurde unter anderem die Bedeutung des deutschen und europäischen Lieferkettengesetzes für deutsche Unternehmen, die Gold aus Brasilien beziehen, und deren Investoren thematisiert. Unsere bisherigen Erkenntnisse, dass die Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus schwierig ist und sicherlich an verschiedenen Stellschrauben unter anderem regulatorisch, bei der Ressourcenausstattung der Behörden, bei Schulungen und alternativen Einkommensmöglichkeiten für Kleinschürfer, der Rückverfolgbarkeit von Gold und Quecksilber gleichzeitig anzusetzen ist, werden von unseren Gesprächspartnern geteilt. Umso erfreulicher ist es für uns, dass wir gespiegelt bekommen haben, dass Engagement-Aktivitäten von Investoren, wie der BKC, wichtige zusätzliche Verstärker für die Diskussionen auf verschiedenen Ebenen sein können. Wir werden deshalb auch zukünftig unsere Engagement-Forderungen in diplomatische Kreise einbringen, um einerseits deren Perspektive einzubinden und andererseits zu versuchen, Dialogzugänge und Multiplikatoren zu gewinnen.
Wenn man den Goldbergbau unter gemeinwohlorientierten Gesichtspunkten betrachtet, ist es sinnvoll, die wirtschaftliche Bedeutung mit den sozio-ökologischen Kosten zu vergleichen. Eine im Jahr 2023 veröffentlichte Studie analysiert speziell die negativen sozio-ökologischen Auswirkungen, wie die Folgekostenbewertung von Entwaldung, Bodendegradation und Quecksilberkontamination, die durch den Kleingoldbergbau im brasilianischen Amazonasgebiet verursacht wurden. Die Studienergebnisse zeigen, dass die mit den sozialen und ökologischen Schäden verbundenen Kosten zwischen 187.200 und 389.200 US Dollar pro Kilogramm Gold liegen. Das macht mehr als das Doppelte des Marktwerts des Goldes aus. Nach Einschätzung der brasilianischen Bundesstaatsanwaltschaft verursacht der Goldabbau im Amazonasgebiet sogar Umweltschäden, die etwa zehnmal so hoch sind wie der aktuelle Goldpreis. Hinzu kommt, dass nach Recherchen von Nichtregierungsorganisationen zwischen 2015 und 2020 229 Tonnen Gold, was fast 50 % der nationalen Fördermenge entspricht, gehandelt wurden, bei denen es ernstzunehmende Hinweise darauf gibt, dass das Gold illegal auf indigenem Gebiet im Amazonas abgebaut wurde.
Insbesondere die bisherige nicht vorhandene Sorgfaltsprüfung und Rückverfolgbarkeit von Gold stellen unserer Meinung nach zentrale Herausforderungen bei der Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus dar. In diesem Zusammenhang trägt unter anderem die brasilianische Zentralbank gleich an mehreren Stellen der Goldlieferkette direkte Verantwortung. Dabei ist einer der beiden wichtigsten Verantwortungspunkte, dass die brasilianische Zentralbank für die Zulassung der DTVMs (Distribuidora de Títulos e Valores Mobiliários) zuständig ist. Sie sind der erste offizielle Handelspunkt für Gold, das von Kleinschürfern (sogenannte Garimpeiros) stammt. Darüber hinaus gehört die brasilianische Zentralbank, wie alle anderen Zentralbanken der Welt auch, zu den Käufern von Gold, um ihre eigenen Goldreserven zu erhöhen. Insgesamt stellen Zentralbanken weltweit die drittgrößte Käufergruppe von Gold dar und haben etwa im Jahr 2018 rund 15 % des raffinierten Goldes gekauft haben.
Deshalb sind folgende vier Punkte unserer Engagement-Forderungen an die brasilianische Zentralbank zu richten:
- Einführung eines Due-Diligence-Verfahrens, um das Risiko auszuschließen, dass illegales Gold in die eigenen Goldreserven der Bank gekauft wird.
- Verstärkte Validierung und Kontrolle der Due-Diligence-Verfahren, die bezüglich illegalen Goldes bei DTVMs und Finanzinstituten, die mit Gold handeln, einzurichten sind.
- Aufbau eines eigenen Engagement-Prozesses, um die großen Goldbergbauunternehmen dazu zu bewegen, die negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen des Goldabbaus weiter zu mini-mieren.
- Austausch und Zusammenarbeit mit anderen Zentralbanken, um diese eigenen Engagement-Aktivitäten effektiv und global auszurollen.
Unser zweites Gespräch am dritten Tag unserer Engagement-Dialogreise führten wir im brasilianischen Senat mit Senator Fabiano Contarato, der auch Vizepräsident des Umweltausschusses im Senat ist. Der Engagement-Dialog mit Senator Contarato ist von besonderer Bedeutung für uns, da er im Jahr 2021 den Gesetzesentwurf PL 836/2021 eingebracht hat, der darauf abzielt, sowohl die Sorgfaltspflichtenkontrolle beim Goldhandel zu verbessern als auch den Nachweis der legalen Herkunft des Goldes sowie der Einhaltung der Umweltvorschriften zu gewährleisten. Dabei enthält der Gesetzesentwurf auch konkrete Regulierungspunkte, die unter anderem die brasilianische Zentralbank betreffen. Momentan befindet sich der Gesetzesentwurf zur weiteren Debatte im brasilianischen Abgeordnetenhaus. Obwohl, seit Beginn unseres ersten Engagements im Jahr 2021 mit der Abschaffung des sogenannten „Good-Faith-Principles“, das dem Goldkäufer erlaubt hat, Gold ohne weitere Nachweise als aus einem legalen Herkunftsgebiet stammend anzusehen sowie der Einführung elektronischer Quittungen im Goldhandel erste Schritte zur Ermöglichung einer Rückverfolgbarkeit von Gold gegangen wurden, sind die Kontrollen und Möglichkeiten zur Rückverfolgbarkeit im Goldhandel immer noch schwach. Dadurch kann momentan nicht garantiert werden, dass das auf dem Finanzmarkt angebotene Gold nicht illegal auf indigenem Territorium geschürft wurde. Deshalb ist hierfür eine klare gesetzliche Regelung von grundlegender Bedeutung.
Bei unserem Dialog mit dem Senator haben wir ihm für die politische Debatte das Argument an die Hand geben können, dass auch internationale Investoren, zu denen die Bank für Kirche und Caritas zählt, ein großes Interesse an der regulatorischen Bekämpfung des illegalen Goldhandels haben. Darüber hinaus haben wir auch die Rolle von Finanzinstituten und Zentralbanken als Käufer von Gold diskutiert. In diesem Zusammenhang ist von uns der bisher noch nicht thematisierte Aspekt, der Notwendigkeit einer Sorgfaltspflichtenprüfung bei Käufen für den eigenen Goldbestand, eingebracht worden. Wir freuen uns, mit diesem ersten Gespräch einen Grundstein für weitere fruchtbare Engagement-Dialoge in Richtung brasilianischer Senat gelegt zu haben und werden versuchen diesen Dialogkanal weiter auszubauen.
Im Amazonasgebiet sind inzwischen verstärkt organisierte kriminelle Banden in den illegalen Goldabbau involviert. Sie beuten die Goldschürfer teils unter sklavenähnlichen Zuständen aus oder erbringen Unterstützungsleistungen für den Abbau und die Vermarktung des illegalen Goldes, beispielsweise den Goldtransport oder die Versorgung der Goldschürfer mit Maschinen und Material. Diese Situation hat in den letzten Jahren zu einem zusätzlichen Anstieg von Gewalt und Todesfällen geführt.
Neben der gestiegenen organisierten Kriminalität und den sozialen Problemen, die mit dem Goldabbau zumeist einhergehen, zählt insbesondere der illegale Goldabbau zu den bedeutendsten Ursachen für Waldrodungen und Wasserverschmutzung im Amazonasgebiet. In diesem Zusammenhang zeigen verschiedene Studien, dass der illegale Goldbergbau eine gravierende Belastung durch Quecksilber verursacht. Entsprechend sind im Amazonasgebiet bereits große Teile der Fische extrem mit Quecksilber belastet und die dortigen Böden weisen die höchsten Quecksilberkonzentrationen der Welt auf. Es wird geschätzt, dass für jedes Kilogramm Gold, das durch illegalen Kleinbergbau gewonnen wird, durchschnittlich 1,3 Kilogramm Quecksilber ins Wasser gelangen.
Wenngleich die Einfuhr und der Handel mit Quecksilber in Brasilien gesetzlich geregelt sind und somit die Verwendung von Quecksilber in der Industrie und im verarbeitenden Gewerbe eingeschränkt ist, kommt es dennoch im Amazonasgebiet durch den Goldabbau zu einer massiven Wasserverunreinigung durch Quecksilber.
Deshalb gehören folgende zwei Punkte zu unseren Engagement-Forderungen:
- Die Wasserverschmutzung, insbesondere durch Quecksilber, aber auch durch andere giftige Chemikalien, muss durch weitere Regulierungen und Kontrollen gestoppt werden.
- Die Durchführung von Schulungen und finanzielle Unterstützung für Goldschürfer im Hinblick auf technisches Material und Methoden zur Reduzierung des Quecksilbereinsatzes und dessen umweltfreundlicher Handhabung.
Am dritten Tag unserer Engagement-Dialogreise haben wir uns mit dem seit letztem Jahr neu im Amt befindlichen Präsidenten der brasilianischen Umweltbehörde IBAMA, Rodrigo Agostinho zu einem Gespräch getroffen. IBAMA ist für die Umsetzung der nationalen Umweltpolitik zuständig und führt in diesem Zusammenhang verschiedene Genehmigungs-, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen bei Aktivitäten durch, die mit der Nutzung von natürlichen Ressourcen (Wasser, Flora, Fauna, Boden usw.) zu tun haben. Oftmals geht IBAMA gemeinsam mit der Unterstützung des Militärs gegen Umweltverbrechen wie illegale Abholzung und Goldabbau vor. Unter Präsident Bolsonaro wurde die Umweltbehörde personell und finanziell ausgehöhlt, was sich mit der jetzigen Regierung wieder verändert hat. Die positiven Folgen daraus lassen sich auch anhand der rückläufigen Abholzungsraten im Amazonasgebiet und den erzielten Erfolgen bei der Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus ablesen.
Im Gespräch berichtet uns IBAMA trotz dieser positiven Entwicklung von einer weiterhin durch den illegalen Goldbergbau verursachten dramatischen Situation für die Umwelt und die indigene Bevölkerung. So seien zwar 2023 mehr als 1.000 illegale Goldminen zerstört worden, aber es arbeiten nach Schätzungen von IBAMA auch jetzt noch rund 100.000 Personen im illegalen Goldbergbau im Amazonas. Dabei seien die Goldschürfer selbst oft Opfer organisierter Kriminalität und müssten in sklavenähnlichen Verhältnissen und ungeschützt mit gefährlichen Chemikalien arbeiten. Im Austausch mit IBAMA erfahren wir wie mögliche Gegenmaßnahmen aussehen können. Dabei bildet die Verabschiedung von konkreten Gesetzen zur Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus und dessen kompletter Wertschöpfungskette eine tragende Säule. Hierzu gehört vor allem auch der Aufbau eines Rückverfolgungssystems von Quecksilber und eine diesbezüglich verschärft greifende Regulierung.
Dieser begonnene Fachaustausch mit IBAMA ist nicht nur für die Ausrichtung der Zielgenauigkeit unseres Engagements von Bedeutung, sondern auch für IBAMA wertvoll, wie wir bestätigt bekommen haben. Denn hierdurch kann von IBAMA die bisher noch nicht platzierte Investoren-Perspektive mit in den Diskurs um die Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus eingebracht werden. Beiderseits wird deshalb vereinbart diesen Dialog fortzuführen und auszuweiten.
Wir halten die bisher von der Regierung Lula da Silva eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes und zur Stärkung der Rechte der indigenen und traditionellen Bevölkerung für sehr wichtig. Sie zeigen in vielen Bereichen bereits erste Erfolge. Auch wurden entscheidende Schritte unternommen, um den illegalen Goldabbau einzudämmen. So sind mit der Abschaffung des sogenannten „Good-Faith-Principles“, das dem Goldkäufer erlaubt hat, Gold ohne weitere Nachweise als aus einem legalen Herkunftsgebiet stammend anzusehen sowie der Einführung elektronischer Quittungen im Goldhandel erste Maßnahmen getroffen worden, um eine Rückverfolgbarkeit von Gold zu ermöglichen. Darüber hinaus bringt die verstärkte Durchführung von Razzien gegen illegale Goldschürfer seit 2023 den Willen der aktuellen Regierung zum Ausdruck, den illegalen Goldabbau zu bekämpfen. Trotz der Maßnahmen sehen wir weiterhin dringenden Handlungsbedarf bei der Bekämpfung des illegalen Goldabbaus im Speziellen und bei der Bewältigung der negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen des Goldabbaus im Allgemeinen.
Um den illegalen Goldabbau zu erschweren und leichter ahnden zu können, ist ein Rückverfolgbarkeitssystem für Gold ein entscheidender Baustein. Wenngleich die Rückverfolgung von Gold ab der Förderung und während des Handels eine große Herausforderung darstellt, können die Blockchain-Technologie, die molekulare Kennzeichnung und das sogenannte Fingerprinting von Gold wichtige Hilfestellungen bieten. Dabei ermöglicht die Blockchain die digitale Überwachung der Produktionsketten, vom Goldabbau bis zum Endabnehmer. Eine solche Blockchain könnte auch alle Bergbaulizenzen und Umweltdokumente für den Goldabbau enthalten und so eine Überwachung ermöglichen. Dagegen wird bei einer molekularen Kennzeichnung (engl.: molecular tagging) mit Silberisotopen das Gold markiert, bevor es das Abbaugebiet verlässt. So wird erkennbar, ob das Gold von unbefugten Dritten weiterverarbeitet oder mit illegalem Gold vermischt wird. Beim Gold-Fingerprinting hingegen wird das Gold anhand seiner chemischen Zusammensetzung analysiert und mit derjenigen des angegebenen Abbaugebietes abgeglichen. Es kann auf diese Weise eindeutig dem tatsächlichen Abbaugebiet und der Mine zugeordnet werden.
Deshalb lauten zwei unserer Engagement-Forderungen an die Regierung und das Parlament Brasiliens:
- Verabschiedung geeigneter Gesetze zur Einführung eines wirksamen Rückverfolgungs- und Überwachungssystems für Gold.
- Um das Gold-Fingerprinting anwendbar zu machen, muss eine wissenschaftliche Datenerhebung über die chemische Zusammensetzung aller potenziellen Regionen und Minen, aus denen Gold stammen könnte, durchgeführt werden. Nach dem Vorbild Südafrikas sollten Rechtsvorschriften erlassen werden, die die Einrichtung und Pflege solcher Datenbanken vorschreiben.
Ab dem zweiten Tag unserer Engagement-Dialogreise hat uns Bischof Vicente Ferreira, Präsident der Spezialkommission für integrale Ökologie und Bergbau der brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) und Igor Bastos vom katholischen internationalen Klimanetzwerk Laudato SI‘ Movement (LSM) bei unseren Gesprächen begleitet. Beide sind Partner der Engagement-Aktivität unserer bisherigen katholischen Investoren-Allianz.
Der zweite Tag unserer Engagement-Dialogreise begann in der Hauptstadt Brasilia im Regierungssitz, dem Palácio do Planalto. Hier hatten wir eine Sitzung mit Vertretern:innen des Generalsekretariats des Präsidenten sowie von fünf Ministerien, unter anderem dem Finanzministerium und dem Ministerium für Menschenrechte. In dem sehr konstruktiven und intensiven Austausch konnten wir nicht nur unsere Engagement-Forderungen diskutieren, sondern auch einen vielfältigen Überblick über die bereits gestarteten oder geplanten Maßnahmen der Regierung gewinnen. Spannend war es, die Perspektiven der verschiedenen Ministerien, auf die sich aus dem Goldabbau ergebenen Herausforderungen, beispielsweise für die traditionelle Bevölkerung und die Bevölkerungsgruppe der Quilombolas, zu diskutieren.
Insgesamt haben wir unser Engagement-Anliegen während des gesamten Dialoges bestätigt gefunden, indem mit einer sehr hohen Aufmerksamkeit über die Thematik und unsere Engagement-Forderungen diskutiert wurde. Mit dieser Sitzung haben wir für zukünftige Dialoge direkte Zugangswege geschaffen, was für die Effizienz unserer Engagement-Aktivität wertvoll ist. Darüber hinaus ist bereits ein Austausch mit der Staatssekretärin des Ministeriums für Menschenrechte in Planung sowie eine Teilnahme an einer vom Generalsekretariat organisierten Stakeholder-Dialogveranstaltung zum Thema Goldabbau im Amazonas. Erfreulich ist auch die Zusage, dass unsere formulierten Engagement-Forderungen von den Vertretern:innen in die Ministerien hineingetragen werden.
Brasilien ist der zweitgrößte Verursacher globaler Entwaldung durch Bergbau. So wurden zwischen 2001 und 2020 12 % der weltweiten Entwaldung durch Bergbau in Brasilien verursacht. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren bis 2023 sogar noch weiter beschleunigt. Hauptgrund hierfür ist die Ausweitung des handwerklichen Kleinbergbaus (artisanal and small-scale mining - ASM) bzw. des Kleingoldbergbaus, der in Brasilien Garimpagem genannt wird. Er spielt insbesondere im Amazonasregenwald eine zentrale Rolle. Infolgedessen ist der Anteil des Bergbaus an der gesamten Entwaldungsrate in den indigenen Gebieten von 4 % im Jahr 2017 auf 23 % bis Mitte 2020 gestiegen. Nach Expertenschätzungen aus dem Jahr 2021 arbeiten allein in der brasilianischen Region Tapajós mehr als 60.000 Goldschürfer und betreiben dort bis zu 1.000 Flugzeuglandebahnen. Insgesamt ist die für ASM genutzte Abbaufläche im Amazonasgebiet inzwischen größer als die Fläche des industriellen Bergbaus in ganz Brasilien.
Es gestaltet sich jedoch schwierig, sowohl soziale Härten als auch den Rückgang des illegalen und oftmals unter sklavenähnlichen Zuständen stattfindenden Kleinbergbaus zu verhindern, wenn nicht alternative Einkommensquellen für die im Kleingoldbergbau tätigen Menschen geschaffen werden. Zudem müssen die verbleibenden Goldschürfer finanziell unterstützt und geschult werden. Nur so können sie ihre Tätigkeit mit deutlich höheren Umwelt- und Sozialstandards ausüben und sich Initiativen wie Swiss Better Gold, Fairtrade Gold, Fairmined etc. mit ihren höheren Qualitätsstandards anschließen.
Zwei unserer aufgestellten Engagement-Forderungen lauten daher:
- Schaffung von alternativen Einkommensmöglichkeiten für Kleinschürfer.
- Schulungen sowie finanzielle Förderung zur Erhöhung der ökologischen und sozialen Verträglichkeit des Goldabbaus.
In unserem ersten Engagement-Gespräch auf unserer Engagement-Dialogreise in Brasilien haben wir uns am 26. Februar mit Vertretern der brasilianischen Entwicklungsbank (Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social - BNDES) getroffen. Die BNDES mit Sitz in Rio de Janeiro ist eine der größten Entwicklungsbanken der Welt, die neben ihren vielfältigen Aufgaben auch für die Verwaltung des Amazonasfonds verantwortlich ist. Der durch internationale spendenfinanzierte Amazonasfonds, setzt seine 1,3 Mrd. US Dollar für Projekte ein, die der Verhinderung weiterer Entwaldung sowie der Förderung des Erhalts und der nachhaltigen Nutzung des Amazonasgebietes dienen. Der Lenkungsausschuss des Amazonasfonds setzt sich dabei aus Vertretern der brasilianischen Regierung und Zivilgesellschaft zusammen.
Bei unserem Engagement-Dialog mit der Abteilungsleiterin des Amazonasfonds-Managements und dem Manager für institutionelle Beziehungen des Amazonasfonds haben wir Einblicke in die praktische Umsetzung der wichtigen Aufgaben des Amazonasfonds erhalten. Im selben Zuge konnten wir als katholische Kirchenbank aus Deutschland die Perspektive internationaler Investoren auf den erforderlichen Schutz des Amazonasregenwaldes und der rechte indigener und traditioneller Völker einbringen. Besonderen Raum hat dabei sowohl die Diskussion über die Notwendigkeit von Projekten zur Schaffung von alternativen Einkommensquellen für die im Kleingoldbergbau tätigen Menschen als auch die Rückverfolgbarkeit von Gold zur Erschwerung des illegalen Goldbergbaus eingenommen. Für uns erfreulich war zu erfahren, dass solche Projekte grundsätzlich vom Amazonasfonds unterstützt werden können.
Insgesamt war dieser Engagement-Dialog für uns ertragreich, da wir nunmehr darum wissen, dass der Amazonasfonds Möglichkeiten hat, solche Projekte zu fördern, die sich mit unseren Engagement-Forderungen decken. Darüber hinaus ist es gelungen, unsere Perspektive und Engagement-Forderungen zu platzieren, welche nun auf politischer Ebene an den Lenkungsausschuss des Amazonasfonds herangetragen werden können. Letztgenannter Punkt werden wir bei unserem nun startenden Engagement weiterverfolgen und den geschaffenen Dialogkanal mit der BNDES ausbauen.
Als Bank für Kirche und Caritas (BKC) haben wir im März 2021 eine katholische Investoren-Allianz auf den Weg gebracht, um uns gegenüber der brasilianischen Regierung und brasilianischen Entscheidungsträgern für einen erhöhten Schutz des Amazonas-Regenwaldes und der dort lebenden indigenen und traditionellen Bevölkerung einzusetzen. Dieses weltweit erste katholische
Investoren-Engagement solch einer Größenordnung wurde im September 2023 mit der Erfüllung unserer aufgestellten Engagement-Forderungen erfolgreich beendet. Über diese Engagement-Aktivität haben wir einen umfassenden Abschlussbericht erstellt, der national wie international Beachtung gefunden hat.
Jedoch halten wir es für angezeigt daran eine Engagement-Aktivität anzuknüpfen. Sie fokussiert sich speziell auf die Problemstellung des illegalen Goldbergbaus in Brasilien sowie allgemein auf eine verstärkte Sorgfaltsprüfung und Rückverfolgbarkeit bei Gold. Wir sehen hierin einen Hebel zum einen für einen stärkeren Schutz des Amazonas-Regenwaldes und zum anderen für eine Verringerung der mit dem Goldbergbau teilweise einhergehenden, verheerenden Folgen für Mensch und Umwelt auch über Brasilien hinaus.
Zum Auftakt dieser nun startenden Engagement-Aktivität sind Dr. Richard Böger, Vorstandsvorsitzender der BKC, und Tommy Piemonte, Leiter Nachhaltigkeitsresearch, Ende Februar nach Brasilien gereist. Während der einwöchigen Engagement-Dialogreise haben sie insgesamt in über 15 Meetings intensive Gespräche mit hochrangigen brasilianischen Entscheidungsträgern und verschiedenen Stakeholdern, wie beispielsweise Gemeindevertretern, die direkt vom Goldbergbau betroffen sind und katholischen Organisationen, die unmittelbar mit der traditionellen und indigenen Bevölkerung zusammenarbeiten, geführt.
Kommen Sie mit auf diese Engagement-Dialogreise. Nachfolgend erfahren Sie aus erster Hand mehr über die geführten Dialoge, die Herausforderungen, die sich aus dem Goldbergbau vor Ort ergeben, und die von der BKC aufgestellten Engagement-Forderungen und -Aktivitäten.